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Im Sommer 1943 mit dem Hafenschutzboot NH-21 von Hammerfest nach Havøysund
von Fritz Fadranski, Düren
Wir bekamen den Auftrag, mit unserem Hafenschutzboot NH-21 nach Havøysund zu fahren, um dort in der Werft eine kleine Reparatur am Boot vornehmen zu lassen. Es war ruhige See, und unterwegs kam einer auf die Idee: "Wir schießen jetzt nach Enten. Das ist auch für die Gewehre gut, die rosten sonst ein." Ich glaube, da war auch ein bisschen Übermut dabei, denn es war ja kein Einsatz, sondern eine Fahrt in die Werkstatt.
Wir hatten uns auf der Back (Vorschiff) mit 4 Mann postiert, 2 Mann vorne kniend und 2 Mann dahinter stehend. Die See war ganz ruhig, und wir fuhren langsam. Auf der Brücke waren der Steuermannsmaat und der Rudergänger. Vor mir kniete der Maschinenmaat Sauter. Als der ein paar Enten sieht, hebt er die Hand als Zeichen für die Brücke zum Stoppen und kommt dabei an meine Gewehrmündung. Ich hatte schon Druckpunkt am Abzug meines Gewehres, der Schuss ging los und traf Sauter durch die Hand zwischen Zeigefinger und Mittelfinger. Die Enten hatten Glück, und uns war die Lust am Schießen gründlich vergangen.
Wir fuhren weiter nach Havøysund, denn wir hatten ja einen Auftrag. Aber es kam alles anders. Wir suchten einen Arzt, was sich als sehr schwierig erwies, denn es gab keinen Militärarzt im Ort. So mussten wir uns auf die Suche machen, und wir fanden einen Norweger, ich glaube, der war Bürgermeister, Lehrer, Arzt, alles in einer Person. Aber er wollte Sauter nicht behandeln, denn er hatte vor den deutschen Behörden Angst, und er durfte keine deutschen Soldaten behandeln. Wir haben ihn mit Essen, Tabak, Schnaps und mit vielen Überredungskünsten doch noch erweichen können, ihn zu behandeln.
Nun dachten wir, alles wird gut, und wir tranken einen darauf, sichtlich erleichtert, dass es kein Knochenschaden war. Plötzlich stellte sich Sauter leicht angetrunken auf die Bordwand und rief: "Sagt bloß, ich traue mich nicht". Sagte es, und schon lag er im Bach in dem eiskalten Wasser. Wir haben ihn rausgefischt, ausgezogen, abfrottiert, in die Koje gepackt, in Decken gewickelt und noch mehr Rum eingeflößt. Er hatte starken Schüttelfrost, und wir bekamen es mit der Angst. Er hat sich vor Schmerzen gekrümmt, bis er endlich eingeschlafen ist. Es sah böse mit dem Sauter aus. Es war zwar ein glatter Durchschuss, kein Knochen verletzt, aber der ganze Pulverschleim war in die Wunde gedrungen, und auch Verbrennungen waren da. Dazu kam nun noch das Salzwasser.
Uns blieb keine Wahl, wir mussten ohne dass wir in der Werkstatt waren, zurück nach Hammerfest. In Hammerfest angekommen, ging Sauter gleich ins Kranken-Revier. Als er zurückkam, hatte er den Arm im Gips, genannt "Stuka". Wir waren gespannt, was der Arzt gesagt hatte. Denn wenn der Steuermannsmaat den Vorgang melden musste, hätten wir mit harter Strafe rechnen müssen. Sauter hat dem Arzt erzählt, er hat sich bei einer Reparatur an der Maschine verletzt. Darauf hat der Arzt gesagt: "Wollen Sie mich verscheißern?? Das ist eine Schusswunde!! Sagen Sie mir die Wahrheit, sonst muss ich Meldung machen." Da hat Sauter gebeichtet, und der Arzt hat Gott-sei-Dank keine Meldung gemacht und uns vor einem Tatbericht bewahrt. Das hätte bestimmt eine Verurteilung wegen Zersetzung der Wehrkraft zur Folge gehabt, mit ungewissem Ausgang, denn unsere damaligen Herren waren unberechenbar von Pflichtgefühl und Führertreue geprägt. In diesem Fall haben wir noch mal großes Glück gehabt.
Sauter ist noch lange mit dem "Stuka" gelaufen. Nach dem Krieg habe ich nichts mehr von ihm gehört, und auch die anderen Kameraden hatten keinen Kontakt mehr zu ihm. Auch von der Wehrmachtsauskunftsstelle (WaSt) in Berlin konnte nichts über seinen Verbleib berichtet werden.
In Erinnerung geblieben ist mir noch die Besatzung des Hafenschutzbootes NH 21 zu jener Zeit (etwa Mitte 1943):
Eugen Lethaus, Steuermannsmaat
Sauter, Maschinenmaat
Kurt Reinhart, Signalgast
Rust, Funker
Egon Becker, Maschinist
Kurt Bach, Maschinist
Franz Koch, Steuermannsgast
Sepp Rigl, Matrose
Werner Reuter, Smutje-Matrose
Fritz Fadranski (das bin ich), Matrose.
Text von Fritz Fadranski, Düren, im Juni 2003
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